Tag 31: Spanische Slums, England und Afrika an einem Tag

Das nenne ich doch mal einen ereignisreichen Tag. Soviel bekommt man nicht alle Tage zu sehen. Aber sachte, immer der Reihe nach 🙂 .

Mein Reisetag beginnt heute spät. Außer dem üblichen Morgenritual, habe ich noch den gestrigen Bericht verfasst und einen Spültag habe ich einberufen. Inzwischen hat sich doch etwas angesammelt. Nicht zuletzt da jetzt mein Milchreis in reiner Energieform in meinem Körper weiter existiert 😉 . Normalerweise reicht es, wenn man benutztes Besteck, Tassen u.ä. direkt nach Nutzung mit Küchenrolle säubert (na, welche Hausfrau schreit gerade protestierend auf? 😀 ). Als Teller benutze ich momentan Einwegpappteller, die seit Annodazumal von irgendeiner Feier in meinem Keller vor sich hin vegetierten. Als ich sie schon wegscheißen wollte, kam mit die Idee diese lieber im Wohnmobil zu verstauen. So kann man sich eben Spüldurchgänge und damit Wasser sparen. Es ist schon erstaunlich mit wie wenig Ressourcen man auskommt ohne sich großartig einzuschränken. Mit dem Wasser für einen Badedurchgang komme ich im Wohnmobil zwei Wochen aus. Gas habe ich bisher etwa 7 Kilogramm verbraucht. Der größte Teil wurde für das Heizen am Anfang meiner Reise verbraucht. Der Verbrauch für das Kochen ist äußerst gering. Und elektrische Geräte werden genutzt bzw. aufgeladen, wenn die Solarzellen eh einen Überschuss an Strom produzieren und somit ungenutzt verpuffen würde. Okay, ich geb ja zu, meine Badewanne vermisse ich schon 😉 .

So komme ich heute erst um 13:00 Uhr los. Da ich die letzten zwei Tage viel gefahren bin, ist das nicht tragisch. Ich habe eh heute nicht vor zu lange die Straße zu besetzen. Und endlich erfahre (jetzt weiß ich auch woher das Wort stammt) wieder „mein“ Spanien. Die Bebauungsdichte lässt gehörig nach und diese hässlichen Gewächshausgebiete sind auch verschwunden. Sonne, Meer, Berge, Küste und viel Natur begleiten meinen Weg. Unterwegs sehe ich auch einige nette Stellen, die sich für eine Übernachtung eignen würden. Aber zu Beginn war das einfach noch zu früh und später waren sie noch nicht perfekt genug. Na gut, im Grunde liegt es daran, dass das Fahren heute einfach wieder Spaß macht 🙂 .

So komme ich zu einem doch sehr bedrückenden Teil meiner Reise – ich würde sie mal als das Gebiet der spanischen Slums betiteln. Zunächst ist dieses Gebiet weiträumig mit Durchfahrtsschranken versehen. Glücklicherweise ist das Auspasserhäuschen auf meiner Straße nicht besetzt und so öffnen und schließen die Schranken automatisch. Und dann wird es einfach entsetzlich. Da anscheinend die normale Bewölkerung keinen Kontakt mit den ärmsten des Landes wünscht, haben sie ihnen mitten im Wasser Wohninseln errichtet. Diese sind nur durch eine winzige Straße mit dem Land verbunden. Anscheinend ist dieses Sträßchen vollkommen überlastet. So sind die Bewohner der Inseln zwingend auf Boote angewiesen. Dementsprechend wurden ringsum die Wohninseln Bootssteege angelegt, damit jeder sein Schiffchen ordnungsgemäß vertauen kann. Auch bei den Booten spiegelt sich die Armut wider. Anscheind ist weiße Farbe günstig zu bekommen und so sind sämtliche Schiffe in einem schlichten Weiß gehalten. Einige wenige gönnen sich zumindest ein paar spärliche farbige Akzente an dem Boot. Meist sind die wohl in der zweitgünstigsten Farbe gehalten – in Schwarz.
Diese Armut lässt vermuten, dass die Bewohner anscheind keinen Job finden können. Das ist natürlich eine gefährliche Kombination – jede Menge frei verfügbare Zeit, aber kein Geld, um mit dieser Zeit etwas anfangen zu können. Aus diesem Grund wurden zahlreiche Golfclubs und ein paar Poloclubs errichtet. So können die Bewohner sich zumindest zeitweise von ihren bedrückenden Gedanken ihres harten Schicksals ablenken. Ich denke, eine vernünftige Maßnahme zur Bekämpfung einer nicht zu übersehenden potentiellen Kriminalität.
Dieses wohl einmalige und anschauliche Beispiel der Armut und Unterdrückung findet man übrigens bei Torreguadiaro. Solltet Ihr mal in der Gegend sein, bitte ich euch inständig diesen Bereich weiträumig zu umfahren. Dieses beklemmende Gefühl eurer eigenen relativen Armut, lässt Euch mit Sicherheit nicht mehr los 😀 😀 😀 .

Noch immer in tiefen Gedanken über das eben erst erlebte, komme ich zu einem weiteren Highlight meiner heutigen Reise. Ich blicke auf einen Teil des englischen Reiches. Nein, Scotty hat mich nicht mal eben gen Norden gebeamt. Vor mir liegt Gibraltar, das eine Kolonnie Englands ist. Gerne hätte ich Gibraltar einen Besuch erstattet. Aber ich habe inzwischen aus mehreren Quellen gehört, dass sich der Grenzübergang über mehrere Stunden erstrecken kann. Zudem ist die Chance äußerst gering einen Parkplatz in Gibraltar selbst zu ergattern. Einen Stellplatz für Nacht zu finden ist nahezu hoffnungslos. Die einzig sinnvolle Art Gibraltar zu besuchen, ist einen der riesigen Parkmöglichkeiten auf der spanischen Seite in Anspruch zu nehmen und dann mit einem der vielen Busse Gibraltar zu besuchen. Nein, das ist nicht mein Ding und so umfahre ich das Grenzgebiet um ein paar Kilometer.

Zwischendurch entdecke ich wieder einen Strandparkplatz, der sich für eine Übernachtung eignet. Mehrere Wohnmobile stehen bereits hier und wir haben bereits fast 17:00 Uhr. Also wird es im Grunde Zeit langsam ein Plätzchen zu finden. Jedoch wird dieser Parkplatz durch ein breites Dünengebiet vom Strand getrennt. Eine freie Sicht auf das Wasser hat man also nicht. Insgesamt ist das ein schöner Platz. Aber nach meinen letzten zwei eher unterdurchschnittlich schönen Stellplätzen, reicht mir heute einfach schön nicht aus. Und habe ich schon erwähnt, dass das Fahren heute Spaß macht 😉 .

So komme ich Richtung Tarifa, wohl die südlichste Stadt Spaniens. Hier hat man einen deutlichen Blick auf Afrika. Nur 17 Kilometer trennen die beiden Kontinente. Mit anderen Worten befinde ich mich sozusagen im Dreiländereck – England, Spanien und Afrika 😀 .
Bei Tarifa habe ich lediglich eine mehr oder weniger hässliche Hafenstadt erwartet. Aber weit gefehlt! Die Stadt besitzt an der Südspitze einen wundervollen, großen Strand. Eine lange historische Festungsmauer lässt sich sehen und viele Restaurants, Bars und Lädchen laden zum Verweilen ein. Leider sehen das hunderte Andere genauso. Ich fahre zweimal durch Tarifa in der Hoffnung einen Parkplatz zu ergattern oder gar ein Plätzchen für die Nacht zu erhaschen. Leider ohne Erfolg. Weit außerhalb hätte ich einen Parkplatz direkt an der Straße haben können. Aber nein, nicht schön genug 😉 .

Weiter fahre ich also der Küste entlang. Und langsam wird es echt Zeit einen Übernachtungsplatz zu finden. Hätte ich vielleicht doch lieber einen der vorherigen nehmen sollen? Als ich dann eine glutrote Sonne langsam aber unaufhaltsam untergehen sehe, bekomme ich wirklich Zweifel. Vielleicht noch 30 Minuten, dann ist es dunkel. Nachdem ich durch Roche gefahren bin, zweigt dahinter links ein Weg Richtung Küste ab. Jetzt oder nie! Und tatsächlich findet sich hier ein toller Platz. Man steht hier auf einem Felsvorsprung ein paar Meter über dem Wasser. Rechts und links verlaufen Wege direkt zum Strand runter. Fünf Wohnmobile teilen sich ein großes Gelände. Da fällt auch ein sechstes nicht auf 😉 .
Obwohl die Sonne bereits untergegangen ist, zeichnet sich noch ein wundervoller, roter Himmel am Horizont ab. Schnell noch ein paar Bilder geschossen. Was wäre das für ein Anblick vor 15 Minuten gewesen? Also alles richtig gemacht. Einen wirklich interessanten Tag erlebt und einen tollen Stellplatz entdeckt. Was will man mehr?

Auch wenn die Wettervorhersage für morgen keinen sonderlich tollen Tag in Aussicht stellt, werde ich wahrscheinlich hier bleiben. Also hören wir uns morgen von der bekannten Stelle 🙂 .

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